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pool #66 23.10.-31.10.2000

pool #65 / pool #67

 


Haarspaltereien

"Music" unterwegs:

1. Discobar Terapia in Lagos, 7. Oktober, ca. 0.14 Uhr, ein 3/4 Gin Tonic (Mix 50%) steht auf dem Tresen, DJ F-Halho macht einen Übergang vom Elektrofunk und spielt den Hardhouse-Mix, ich vermute Deepdish Dot, von der Picturedisc von Madonna, den Hut ins Gesicht gezogen.

2. Radio Antena 3 in Porto am 17. Oktober, ca. 13.21 Uhr bei der Auffahrt auf die A3 Richtung Braga, strahlender Sonenschein, sie spielen den Groove Armada 7-Inch edit.

3. Steubenstrasse 20 in Heidelberg am 23. Oktober ca. 12. 57, auf der Buchmesse rollt man unterdessen die grauen Teppiche in den Gängen ein, letzte Bücher werden gestohlen, ich höre, endlich daheim, die Album-Version.

Und wir fragen uns: Wo ist Christoph?


Eckhart Nickel Heidelberg - - 23.10.00 at 13:00:32




Für HelK:

Meine Zukunft ist so problematisch, daß sie mich selbst zu interessieren anfängt, was viel heißen will. Zu dem subtilen Selbstmord durch Arbeit kann ich mich nicht leicht entschließen; ich hoffe, meine Faulheit wenigstens ein Vierteljahr lang fristen zu können und nehme dann Handgeld von den Jesuiten für den Dienst der Maria oder von den St. Simonisten für die femme libre oder sterbe mit meiner Geliebten. Wir werden sehen.

Büchner an Gutzkow, Straßburg, März 1835


Eckhart Nickel Heidelberg - - 23.10.00 at 14:15:25




DAYS FOR DOING:


Day

Colour of dress

Haircut on that day signifies:




Monday

Cream

Happyness and health

Tuesday

Pink, lilac

Power

Wednesday

Green

Great misfortune

Thursday

Orange

Protection of the angels

Friday

Blue

Lots of luck coming your way

Saturday

Black

Success in important undertakings

Sunday

Red

Long life




Elke Naters - Bangkok - 23.10.00 at 17:17:16




Jeden Tag sehe ich in meiner Strasse eine Stretchlimousine um die Ecke
biegen. Jeden Tag ist es eine andere.


Ingo Niermann London - - 24.10.00 at 11:34:30




Hey, hallo, Ingo! Bist Du jetzt auch hier, nur gerade in London? Wieso wurdest Du nicht angekündigt? Ist das aber nett! Aus lauter Überschwang dann schnell ein paar Themen der soeben begonnenen Woche,

-das Medikament Dyclofenac
-das Kokain
-Strip-Lokale
-die Stimme von Patricia Arquette

sowie die Ausdrücke
Fledderhaare
Haarewuscheln

oder auch: Sabine Weber aus Hamburg, Sie interessieren mich. Warum allerdings denke ich, Sie sind ein Mann?


Rebecca Casati München - - 24.10.00 at 12:50:35




Liebe Rebecca Casati,

das weiß ich auch nicht, warum Sie denken, ich sei ein Mann. Würde mich aber sehr interessieren. Auch wenn ich wirklich keiner bin. Neinneinnein.


Sabine Weber Hamburg - - 24.10.00 at 13:50:54




Sonntag, der 22.10.2000

Ein schöner Tag. Den ganzen Tag mit Lisa in der Sonne vor der Amphore gesessen, Leute angeguckt, gelesen, erst Milchkaffee und dann Martini getrunken. Hamburg ist eine wunderschöne Stadt, besonders, wenn man auf den Hafen schauen darf und die Sonne zu sehen ist.
Ich dachte eben, ich hab ja gar kein Geld gebraucht, aber das ist Quatsch, weil mich Lisa den ganzen Tag ausgehalten hat.
ich habe ganz schrecklichen Hunger, weil ich den ganzen Tag das Essen vergessen habe. Werde mir jetzt vielleicht was kochen. Ist aber eigentlich viel zu ordinär für so einen schönen Tag. Eigentlich sollte ich mich um neun Uhr betrunken und mit knurrendem Magen ins Bett legen und davon träumen, das es immer so schön und friedlich ist wie heute.
So schön, daß man sich auf dem Rücken mitten ins Zimmer legen sollte und sich vorstellen muß, wie es wäre, wenn alle Häuser verkeht herum gebaut wären und man einen großen Schritt machen müßte, um über die Türschwellen zu kommen.
Meine Haare riechen, als wären sie geräuchert worden. Bestimmt sind auch meine Augen ganz rot und müde vom vielen Feiern und Trinken und Rauchen. Aber sie glänzen ganz sicher, weil ich heute so LEBENDIG bin.
Es ist gerade so leise hier, so leise. Leise Summen geht noch, aber auch das stört die Stille. So leise. Draußen brummelt ganz sanft ein Auto vorbei. Ein Diesel. Und der Rechner macht Geräusche wie ein Kühlschrank. Noch ein Auto, wird gerade geschaltet. Wieder alles so leise. Wie in Watte.
Ich kann genau hören, wie ich atme, ganz ruhig und ganz friedlich, als würde ich schon schlafen.
Brummel. Wieder ein Auto. Dabei hab ich nichts geraucht, nur zwei Martini auf Eis. Frischluft-und-Sonntag-in Hamburg-bei-Sonnenschein-Schwips, glaub ich. Ich mach jetzt den Computer aus.

Montag, der 23.10.2000

Nachts.
Ich geh gleich schlafen. Ich bin eben fluchtartig aus dem K. aufgebrochen, wußte gar nicht, was da los war, aber jetzt ist es mir klar. Diese Drogengespräche sind mir so auf die Nerven gegangen.
Einerseits die Frage, ob ich vielleicht blöd und uncool bin, weil ich so etwas nicht ausprobiere, andererseits dieses Gefühl, daß die Welt total verrottet ist und fertig und man niemanden mehr kennenlernen wird, den man nett findet und der nicht entweder Spießer und Konservativer ist, oder eine total abgewichster Junkie oder beides. Die Vorstellung, unter Leute zu sein, die bis oben hin dicht sind und nichts mehr merken und das aber selber nicht zu merken. Allein unter Zombies.
Gruselig.
Ich bin ganz allein im Regen nach Hause gelaufen, durch die Restausläufer von Hurrikan Michael, überall fette Regentropfen und fliegende Blätter. Und ein kleiner hutzeliger Typ, der mir entgegenkommt, in einer dunkelblauen, total unmodernen, WEITEN Regenjacke, so was von praktisch, die Kaputze auf. Kommt mir entgegen, sieht, daß mir dieses Scheißwetter genauso gut gefällt wie ihm und grinst. Grinst, daß die Sonne aufgeht. Ich haifischmäßig zurückgegrinst und mich richtig gefreut.
Jetzt geh ich schlafen, bin es los geworden.


Sabine Weber Hamburg - - 24.10.00 at 14:09:53




Für Sabine Weber

Ich kenne das so gut, dieses Andersherumgefühl. Als kleiner Junge lief ich, einen Spiegel waagrecht an meinen Bauch gedrückt, also nach oben gerichtet, durch die Wohnung und stieg über eben jene hohen Hürden der Türen an der Decke, ein unendlich schönes Spiel durch den Schwindel, den es auslöste, die Verschiebung, die Freude daran, daß alles umgekehrt ebenso funktioniert, nur lustiger, und die Wohnung war plötzlich so leer und hell, wie sie eben nur an der Decke ist. Danke, Hurrican Michael.

Musik des Tages: The Techno Rose of Blighty.


Eckhart Nickel Heidelberg - - 24.10.00 at 16:15:45




Schön ist es auch, wenn man im Bett liegt in einem sonst ganz leeren (bloss keine Bilder an den Wänden, kein Schnickschnack, raus damit!!) Zimmer und durch das Fenster zusehen kann, wie es draußen langsam dunkel wird (dafür empfehlen sich so Jahreszeiten wie Frühling oder Herbst, Sommer ist zu brutal) und dann gucken, wie in den schönen Häusern gegenüber langsam die Lichter angehen. Und DANN (geht es nämlich erst los!), dann muß man sich in dieser sowieso schon ganz unwirklichen Stimmung (ich bin zu Hause und fühle mich wie im Hotel in einer fremden Stadt, z.B. Paris ist gut dafür) vorstellen, die Häuser wären nur Hüllen, es gibt nur die Wände und durch die Fenster kann man in einen riesigen Saal sehen, fünf Altbaustockwerke hoch und einen ganzen Straßenzug lang. Irgendwann denkt man, man ist in einem Puppenhaus. Oder in einem Science-Fiction-Film.
Heute ist aber kein guter Tag dafür, zumindest nicht in HH, zu trübe.


Sabine Weber Hamburg - - 24.10.00 at 16:41:15




The Subway Series


Andrian Kreye, NY - - 24.10.00 at 20:30:37





Topthemen der Woche:

1. Japanese Enciphalitis (Krankheit)
2. Mount Everest (Whisky)
3. I hate the United States of America (Grusswort)
4. Royal Nepalese Army (Fluglinie)


"CHALLENGER Whisky: A friend in hard times!"

Rebecca: Was ist Caine Royale?




Eva Munz Kathemandou, Nepale - - 25.10.00 at 06:20:15




Gestern noch bei Benjamin auf der Bühne in Mannheim im Atlantis-Kino als Abspann, heute zuhause auf dem CD-Spieler - Fatboy Slim: Sunset(Bird of Prey), Darren Emerson Remix. Big Jim.


Eckhart Nickel Heidelberg - - 25.10.00 at 16:32:02




Ich hatte Mal ein kleines Zimmer in einem Dorf am Rhein. Die Decke war niedrig und die Wände, glaube ich, gekalkt. Ich stellte mein Bett so, daß ich stets Morgen- und Abendhimmel sehen konnte und es war das einzige Mal, daß ich alle Schattierunges des Himmels gesehen habe. Reines Blau, bleiches Baumwollblau, eisiges Weißblau, warmes Nachtblau, daß mir dick vorkam wie Blut.
Die Wand um das Fenster hielt ich frei. Wenn die Glühbirne an der Decke brannte, veränderte sich mit dem Himmel das Gelb des Zimmers. Das dunkle Schwarzblau brachte ein so dichtes, schweres Gelb, daß ich aufstehen musste, um mich zu vergewissern, daß die Luft tatsächlich noch dünn war.
Am Ende legte ich eine Orange auf das Fensterbrett. Wahrscheinlich war es da, daß ich aufgab je ein Maler werden zu können. Nichts hätte je an diese Farben herangereicht.

Später habe ich es doch versucht. Aber ich vermisse manchmal diese besondere Luft der Rheinebene. Die Berliner Luft ist so profan, nichtssagend. Wahrscheinlich ein Grund da zu leben, weil man manchmal das Besondere und Aussergewöhnliche flieht, um sein Leben nicht daran messen zu müssen.


Sven Lager - B. - 26.10.00 at 06:00:39




1
Traum
Als meine Schwägerin und ihre Kinder nach einem Besuch gehen, hängt sich meine ältere Nichte an den Handlauf des Geländers neben meiner Wohnungstür und schwingt daran hin und her. In meinem Traum ist sie so klein und zierlich, daß sie durch die Stäbe paßt. Meine Schwägerin steht auf dem Treppenabsatz. Sie hat meine andere Nichte auf dem Arm und meinen Neffen an der Hand.
2
Wir alle sehen meiner kleinen, zierlichen Nichte zu, wie sie langsam herabfliegt und sich auf der Treppe unter uns überschlägt. Der Aufprall ist erstaunlich hart. Meine jüngere Nichte auf dem Arm meiner Schwägerin schweigt.
3
Das tut sie auch in der Realität, und ich denke manchmal, sie hat das gute Teil erwählt. Und, daß es gut wäre, wenn es ihr nicht genommen würde.
4
Gestern, als ich zwei bestellte Teetassen abholen wollte, kaufte ich außerdem vom Weihnachtsgeschirr, das mir meine Schwägerin immer schenkt, eine große Kakaokanne. Für den Fall, daß sie mich dieses Jahr in der Adventszeit besuchen kommt.
5
Vielleicht ist das der Grund für diesen Traum. Vielleicht ist es auch der Unfall, den ich auf dem Weg gesehen hatte: Ein Junge flog in einem weiten Purzelbaum über die Kühlerhaube eines Autos, als wolle er einen Stunt vorführen.


Carmen Samson Berlin - - 26.10.00 at 10:03:02




Liebe Eva,

hab ich echt Caine Royale geschrieben? Es muß natürlich Canine Royale heißen und ist, Dich als Hundebesitzerin wird es interessieren, das beste Hundefutter, das es gibt, die Form: kleine braune Drops. In denen, so schwöre es Verkäuferinnen in Hundeboutiquen, »wirklich alles drin ist«
Leider geht es sehr schnell alle.

Ich möchte heute auf die Namen

Ludger
Hauke
Frauke
Gernot

Knut

hinweisen.

Und die nach Eingangs-Datum/Alphabet sortierten Titel meiner E-Mails in meinem Briefkasten zu bedenken geben.


Re: hinterlistiger Schmerbauch
Glatze-Mütze-Glatze-Mütze
Frau und Herr Obladen im Schokoladen-Laden
Erster Fremder geht mit

Dirty thirty
Der Kontrapunkt der Fuge
Der gute Engel von Szechuan
Cuttings
Blutige Borsten
Bin wieder erreichbar
Achtung Achtung!
Vertrag
Speak to You Sooooooon
So mailen Sie doch!
So ein Theater mit dem Theater
Oui, c`est moi
Oh JAAAAA, bitte, bitte!!!!!!!
Ok Jesus
Eine X-beliebige Zeichnung von Hundertwasser

Na, prima
Na, bitte
Nix dösig!

Wir fragen - Männer antworten
Wie wars?
Was ist?
Was ich davon halte?
Re: Waaaaaas?

Löffelstiel
Löffelstiel Teil 2
Küchengeflüster
Irinas Besuch
Hurtigst!


Rebecca Casati München - - 26.10.00 at 10:33:20




Leider kann ich bis auf weiteres keine Fotos mehr schicken, weil mir mein Computer etc fehlt.
Meine bisher kleinste Wohnung: zu zweit ein Zimmerchen von 10 und eins von 6 qm. Die Gemeinschaftskueche, der Gemeinschaftsfernsehraum. Man schliesst ein grosses Gitter mit einer durchzuziehenden Plastikkarte auf, die allen schon in der Hosentasche durchgebrochen ist, die Wohnungstuer mit Schluessel, geht die Treppe rauf, schliesst die Zimmerchen auf, wieder zu, eine andere Treppe runter, Tuer auf- und zuschliessen, ueber den Hof, mit einer zu drueckenden Zahlenkombination oeffnet man die Tuer zu den Ateliers, laeuft zwei steile Holztreppen rauf, Atelier auf, schaut nach dem Anrufbeantworter, stoepselt um, telefoniert, umstoepseln, zuschliessen, eine Steintreppe ein Stockwerk tiefer, nach der Post im Postfach schauen, einen Raum durchqueren, der manchmal von Businessdinners oder Weinproben versperrt ist, in den Aufzug, ein Stockwerk hoeher, zum extrem langsamen Computer, um die e-mails zu lesen, mit dem Aufzug ganz nach unten ins Restaurant, wo man dem Kellner ein Pfund hinwirft und dafuer am Gemeinschaftstisch die extrem fettigen Uebereste der Dinner bekommt. Heute: aufgeschnittener Braten in Curry mit Pommes von vor drei Tagen, Wurst- und Kaesewuerfel und Kartoffeln, mit Ei ueberbacken, eine Art Kartoffelsalatpampe mit Braten, Fruchtsalat (aber nur einen Teller). Im Hof stehen die Faesser mit dem alten Oel.


Antje Majewski London - - 26.10.00 at 14:29:39




Ich habe in zwei Tagen zwanzig Seiten voll geschrieben beim Versuch zu erklären, warum die neue Cash so - ..., warum ich sie immer wieder anhöre und wünschte, sie wäre ein Gewebe, in das ich mich einwickeln, kleiden könnte.
Zwanzig Seiten voll mit verbotenen Wörtern wie:
Liebe, Glaube, Trost, Hoffnung, Sehnsucht, Abschied, Würde, Dankbarkeit, Ehrfurcht, Engel, Ewigkeit, Vertrauen, Traurigkeit, Schönheit, Wahrheit, Freiheit, Weite, Seele
und Sätzen wie:
Manchmal geht es ein paar Wochen gut, meistens im Sommer, wenn ich keine Schuhe tragen muß und man den Müll auf dem Grünstreifen nicht sieht, weil das Gras so hoch ist. Aber unausweichlich kommt wieder ein Tag, an dem meine Wohnung kein Zuhause mehr ist, weil das Haus aus Papier ist, und überall nur leere Augen und kalte Hände und der Beat.Dann zerfällt die Windschutzscheibe bei voller Fahrt in tausend Kristalle, aber bremsen geht nicht oder kann ich nicht. Ich schäme mich, so jung zu sein. So alt möchte ich sein, so weise, so cool und zärtlich. So möchte ich schreiben können.
Aber zwanzig Seiten sind zu viel und zu wenig und deswegen: einfach nur anhören. Spätestens bei "Wayfaring Stranger" weinen, endlich mal wieder.


brtt hmbrg - - 26.10.00 at 14:48:29




Aus meinem Buch "Was ich davon halte" lese ich heute zunächst in Berlin um 16 Uhr im Hertie Neukölln, und später, um 23 Uhr in Köln in Klubbing WDR Eins Live.
Der Morgen graut, mein Zug geht in einer Stunde. Die Straßenlichter brennen noch und das Mottenmittel riecht nach Urinstein. Oh, gerade sind die Lichter ausgegangen.


Eckhart Nickel Heidelberg - - 27.10.00 at 07:54:39




Gute Reise, Eckhart Nickel.
Noch'n Spot, für morgen abend: im Tacheles gibt's ab 18:00 Uhr Die geschenkte Stunde


Carmen Samson Berlin - - 27.10.00 at 09:05:11




Links wollen wohl geübt sein.
Die Website der Veranstaltung "Die geschenkte Stunde" im Kunsthaus Tacheles, Oranienburger Straße 53-56, 10117 Berlin am 28. Oktober 2000 hat die Adresse
www.die-geschenkte-stunde.de
(Dieser Text erinnert mich an die Bezeichnung für 030, 0331 etc: "Ortsnetzkennzahl für den Selbstwählferndienst".)


Carmen Samson Berlin - - 27.10.00 at 09:09:26




Als er starb, begrub seine Familie ihn 'wie einen Wikinger' mit seiner werten Habe: einem Queue, seiner teuersten Flasche Burgunder, den favorisierten HB-Bleistiften und einem Twix, weil er Schokolade mehr liebte, als fast alles andere in der Welt.


Ingo Niermann Berlin - - 27.10.00 at 10:15:48




Manchmal geht es ein paar Wochen gut, meistens im Sommer, wenn ich keine Schuhe tragen muß und man den Müll auf dem Grünstreifen nicht sieht, weil das Gras so hoch ist. Aber unausweichlich kommt wieder ein Tag, an dem meine Wohnung kein Zuhause mehr ist, weil das Haus aus Papier ist, und überall nur leere Augen und kalte Hände und der Beat. Dann zerfällt die Windschutzscheibe bei voller Fahrt in tausend Kristalle, aber bremsen geht nicht oder kann ich nicht. Ich schäme mich, so jung zu sein. So alt möchte ich sein, so weise, so cool und zärtlich. So möchte ich schreiben können.
Das ist natürlich alles Quatsch, besonders weil es voll und ganz der Wahrheit entspricht, und deswegen: einfach nur anhören. Spätestens bei "Wayfaring Stranger" Rotz und Wasser heulen. Danach sofort Helge auflegen, den "Meisenmann", noch mehr weinen und dann die "Katzenoma" und doch wieder lachen und so jung möchte ich sein, so ein Kind, so frei, so glücklich. Ich wünschte, Johnny Cash und Helge Schneider wären meine Eltern.




brtt hmbrg - - 27.10.00 at 10:34:13




Heute morgen um 7.30 kam, als ich benommen am Kuechentisch sass, Susanne aus Wien die Treppe herunter und beugte mich zu mir: Antje, ich muss dir etwas sagen. Aus meiner Kommode sind 20 Pfund gestohlen worde. Ich bin mir ganz sicher, weil mein Freund mir 100 Pfund gegeben hat, damit ich ihm eine Uhr auf dem Antiquitaetenmarkt kaufe. Jetzt sind es nur noch 80. Wenn ich aus dem Haus gehe, ist die Tuer immer verschlossen. Es muss also passiert sein, waehrend ich in der Kueche war, etwa um zu telefonieren. -
Sie schaute mich an. In diesem Fall kann es naemlich nur drei Verdaechtige geben: mich, Annika aus Schweden und Millie, unsere Putzfrau. Annika versucht schon seit Tagen, uns einen Drucker oder ein Radio fuer 20 Pfund zu verkaufen, weil sie England verlaesst und keinen Pfennig mehr hat. Aber - ich bin die einzige, der Susanne von ihrer Angewohnheit erzaehlt hat, Geld in der Kommodenschublade aufzuheben. Und ich habe damals gesagt: jetzt, wo ich es weiss, werde ich hingehen und dir etwas klauen.
Susanne schaute mich also eindringlich an, ich fuehlte mich sofort schuldig und konnte mich nicht auf eine ueberzeugende (spontane) Reaktion konzentrieren, weil ich nichts als ihre Baskenmuetze sah, unter die sie alle Haare gesteckt hatte.


Antje Majewski London - - 27.10.00 at 15:15:09




back home (16 Grad):

in den Tag hineinleben
aus dem Tag herausleben
in die Woche hineinleben
aus der Woche wieder herausleben
in den Monat hineinleben
aus dem Monat wieder herausleben
genauso wie man aus dem Tag allmählich wieder herauslebt

Mel Bochner sagt: Die Idee, etwas wirklich Belangloses zustande zu bringen, birgt offenbar bestimmte Möglichkeiten in sich.

Abb.: Mel Bochner

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In Kürze hier am pool: Jan "Foto Fix" Wenzel aus Leipzig. Herzlich Willkommen!

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Andreas Neumeister, Mjunik - 27.10.00 at 19:56:25




Das ist natürlich alles Quatsch, besonders weil es voll und ganz der Wahrheit entspricht, und deswegen: einfach nur anhören. Spätestens bei "Wayfaring Stranger" Rotz und Wasser heulen. Danach sofort Helge auflegen, den "Meisenmann", noch mehr weinen und dann die "Katzenoma" und doch wieder lachen und so jung möchte ich sein, so ein Kind, so frei, so glücklich. Ich wünschte, Johnny Cash und Helge Schneider wären meine Eltern.
Und wenn ich irgendwann erwachsen wäre, würde ich Helge heiraten, denn sein seidiges Haar und seine wundervollen Augen machen mich wahnsinnig. Morgens würden wir schweigend am Frühstückstisch sitzen, Tee trinken Zeitung lesen und mein Fuß läge an seinen Eiern, die ich mit den Zehen sanft massieren würde. Er wäre der beste Zungenküsser der Welt und schenkte mir jeden Tag eine kleine Zeichnung. Ich würde ihn unendlich lieben.
Weil er aber viel unterwegs ist, bräuchte ich einen Liebhaber und auch, weil ich gern das ein oder andere Geheimnis habe. Dieser Liebhaber wäre Johnny Cash. Er wäre wie ein Felsen, von der Sonne erwärmt, glatt und schwer und unverrückbar. Ich würde mich an ihn lehnen und wenn er anfinge zu singen, würde ich einstimmen und ich hätte eine Stimme wie June Carter. Ich wäre so sicher wie sonst nirgends und mein Herz würde überströmen vor Liebe für die Schönheit des Lebens.


brtt hmbrg - - 28.10.00 at 12:07:40








Howard Sheronas - by mail - 28.10.00 at 21:12:54




Viele Grüße von Annegret Held von drüben aus dem Forum der 13 soll ich sagen. Wir haben nämlich im Tacheles gelesen. Gerade. Erst sie, dann ich. Und dann haben wir uns durch die Schlange von Leuten, die gerne noch hineinwollen, aber nicht dürfen, weil zwei Bouncer von sehr beeindruckendem Umfang das verhindern, hindurchgekämpft und haben im "Obst und Gemüse" gegenüber was getrunken. Als wir wieder ins Tacheles hineingegangen sind, war es nochmal voller. Und als ich eben endgültig die Party verließ, machte die Schlange einen Knick.
Im Taxi dachte ich, dit is Berlin. Balien, Verzeihung.
Glücklich:


Carmen Samson zuhause - - 28.10.00 at 22:18:12




Unser Vermieter ist ein freundlicher älterer Chinese, der die Miete gerne in Bar abholt. Er trägt Shorts und Badelatschen, aber ein gestärktes Hemd und wir geben uns die Hand.
'Wie gehts Ihnen.'
'Bestens, danke. Und Ihnen?'
'So la la.'
'Gehts Ihnen nicht gut?'
'Doch doch, aber die Politik!'
Studenten demonstrieren vor einem Ministerium wegen einer Gaspipeline im Süden. Vielleicht gab es eine Straßenschlacht, aber er will mir nicht sagen, warum es ihm deswegen schlecht geht. Dabei hält er meine Hand immer noch fest und so stehen wir händchenhaltend vor den Handwerkern, die auf neue Anweisungen von ihm warten.


Sven Lager - B. - 29.10.00 at 20:53:04






Ursula Döbereiner - 29.10.00 at 23:25:22




Mian Mian: La la la

Vor zwei Jahren betreute ich eine Kolumne im Zeitmagazin. Dort sollten interessante junge Menschen aus aller Welt vorgestellt werden. Das war gar nicht so einfach, jede Woche jemand zu finden, der kein DJ war. Aus meiner Zeit in Hongkong ist mir das asiatische Nachrichtenmagazin Far Eastern Economic Review (FEAR) ans Herz gewachsen, von dem lasse ich mich gerne inspirieren. Dort wurde in einen Artikel über chinesische Jugendkultur eine Schriftstellerin aus Shanghai erwähnt, jung, pornografisch, drogenabhängig, vermutlich Prostituierte, tanzwütig. Sex in Shanghai! Auf diese Reizworte fiel ich natürlich ebenso rein wie der FEAR-Reporter. Mian Mian hatte ein Buch auf chinesisch bei einem kleinen Verlag in Hongkong veröffentlicht. Niemand kannte das Buch, niemand kannte jemand, der das Buch kannte. Ein befreundeter Journalist in Hongkong fand noch nicht mal den Verlag. Wir machten ein Foto und ein Interview mit der Frau. Als der Artikel erschien, Wie ist das mit dem Sex in Shanghai? lautete die Titelzeile, rief der Cheflektor von Kiepenheuer & Witsch drei Tage lang alle meine Anrufbeantworter und Mailboxen an und alarmierte den Chefredakteur des Zeitmagazins, ich solle sofort bei Kiwi anrufen. Nach dem FEAR-Reporter und mir war der Nächste auf Sex in Shanghai reingefallen.
Hier ist ihre Telefonnummer, aber ich bin mir nicht so sicher, ob das Buch wirklich gut ist. Ach, da kann man was mit der Übersetzung machen.
Mian Mian war nicht dumm, die Weltrechte ließ sie sich nicht abschwätzen.
Um in China Erfolg zu haben, muss man jung und pornografisch sein wie Mian Mian, schrieb ein chinesischer Literaturkritiker in der FAZ als Gao den diesjährigen Literaturnobelpreis erhielt. Mian Mians Buch La la la ist soeben auf deutsch erschienen. Die Übersetzerin hätte sich etwas mehr Mühe geben sollen. (Die chinesische Währung heißt nur auf chinesisch Kuay, im Deutschen Yüan. Außerdem spritzt man in China kein Heroin sondern raucht es von Alufolie).
Trotzdem sollte man das Buch natürlich unbedingt lesen. Die Kette darf nicht abreißen. Es geht schließlich um Sex in Shanghai!



Lorenz Schröter berlin - - 31.10.00 at 11:36:19




1
Ungefähr auf der Höhe vom 17. Juni, gleich nach dem Bahnhof Tiergarten, fängt der Trompeter ein anderes Stück an.
2
Ich schaue einem Flugzeug zu, das langsam einschwebt. Lieber wäre mir gewesen, es würde abheben, irgendwohin. Damit ich ihm meine Gedanken nachschicken kann.
3
Als ich den Musikanten frage, was er nach "Yesterday" gespielt habe, versteht er mich zuerst nicht.
Dann sagt er: "Russkij Kinafílm: Tzigani."


Carmen Samson Berlin - - 31.10.00 at 17:31:22




Athlonchips
Duronchips
Memorychips

Erstaunlich ist die Erfindung eines Messfühlers, der die für seine Funktion nötige Energie aus eben dem Ereignis herauszieht, das er nachweist

Abb.: AMD-Headquarters (AMD für Advanced Micro Devices)


Andreas Neumeister, - 31.10.00 at 19:02:05